Advent

Wir warten im Warteraum der Zukunft

Worauf warten wir eigentlich?
Warten wir vergeblich auf etwas, das nie eintreffen wird, wie es in dem absurden Theaterstück von Samuel Beckett „Warten auf Godot“ dargestellt wird?

Dort heißt es in einem öfters wiederkehrenden Dialog:

Estragon: Komm, wir gehen!
Wladimir: Wir können nicht.
Estragon: Warum nicht?
Wladimir: Wir warten auf Godot.
Estragon: Ach ja.

Warten wird in diesem hochinteressanten Theaterstück, das das Warten in seinen Längen zwischen den handelnden Personen Estragon und Wladimir „…eher lächerlich erscheinen und sie ihre Zeit mit absurden Diskussionen und belanglosen Aktionen hinbringen lässt.“ (http://de.wikipedia.org/wiki/Warten_auf_Godot)

Warten wird so „…als Verkörperung… des menschlich-allzumenschlichen Hanges voll unbestimmter und letztlich unerfüllter Illusionen auf die Ankunft eines Erlösers, eines Propheten oder einer sonstwie heilbringenden Person…“ (ebenda).

Das gläubig-spirituelle Warten auf das Kind in der Krippe, das die Menschheit, den einzelnen Menschen, also auch mich erlösen will, verändert aber mein Leben in dieser meiner jetzigen Zeit. Es verändert mich dahin, dass mein Leben in diesem Warteraum der Zukunft eine Zielrichtung bekommt. Ich warte nicht nur vor mich dahin und verbringe nutz- und aktionslos meine Zeit wie die Akteure bei „Warten auf Godot“.

Das Lukas-Evangelium beschreibt dieses Warten im 12. Kapitel, Vers 35 so:

„Lasst eure Lenden umgürtet sein und eure Lichter brennen.“

Auf unsere Bildersprache übertragen, heißt dies etwa so:
Seid bereit zum Aufbruch in eine neue Zeit!
Gebt euer Vertrauen nicht auf!
Lasst das Licht eurer Hoffnung nicht ausgehen!
Erwartet eine positive Zukunft für euer Leben.

Diese neue Zukunft kommt nun aber nicht aus der mehr oder weniger gelungenen oder misslungenen Vergangenheit meines Lebens; sie kommt von einer unbelasteten Zukunft Gottes her.

Diese Erwartung verändert nun mein Leben dahingehend, dass ich trotz aller Zukunftsängste in diese Zukunft gehen kann.

„Warten im Warteraum der Zukunft“ ist so ein aktives Geschehen, das mich meine Lebenssituation überdenken und überbeten läßt, damit ich Kraft und Richtung für eine Veränderung in meinem Leben bekomme.

Ich wünsche uns allen diese kraftvolle Kraft des Wartens im Heiligen Geistes
in dieser Adventszeit, der Zeit des Wartens „im Warteraum der Zukunft“.

Ihr/Euer

Hans-Joachim Köhler